An Weihnachten hängen die Erwartungen hoch. Das Bedürfnis nach Harmonie ist riesig. Entsprechend steigt auch die Fallhöhe der Enttäuschung, wenn das nicht klappt, wenn es Missstimmung oder gar Streit gibt. Ich wünsche Dir auf keinen Fall zerstrittene Weihnachten. Aber ich fürchte, nicht in jedem Fall werden sich Enttäuschungen, Missverständnisse, Widerworte oder Wut vermeiden lassen. Es ist ja nicht so, dass mit Weihnachten alte Narben nicht mehr schmerzen, frische Wut nicht weiter brodelt, alter Groll nicht wieder hochkochen kann, alte Probleme nicht weiter bestehen.
Mein Tipp: halte nicht krampfhaft an der Harmonie fest., gehe nicht jedem Streit aus dem Weg. Streiten kann auch hilfreich sein. Es hilft Druck von dem zu nehmen, was in mir gärt. Es macht mir deutlicher, was der andere denkt und fühlt und im beten Fall kann ich es auch meinem Gegenüber deutlich machen, was in mir vorgeht. Ein Streit kann reinigend sein. Aber: Streite intelligent. Lerne Deine eigenen Emotionen und die Emotionen anderer wahrzunehmen. Schau aktiv hin und höre aktiv zu. Nimm nicht nur Deine Sichtweise ein, versuche Dich auch in den anderen zu versetzen und das Problem aus seiner Warte zu sehen. Höre genau und aktiv zu. Konzentriere Dich auf das Problem, bleib sachlich und greife Dien Gegenüber nicht persönlich an. Denke daran, dass Du immer die Wahl hast, was Du als nächstes sagst und tust. überlege, inwiefern Dein nächster Satz oder Deine nächste Emotion hilft, die Situation zu klären. Und wenn Du merkst, dass etwas eskaliert, atmet tief durch oder nimm etwas Abstand. Ich gehe zum Beispiel, wenn ein Streit zu heftig wird, gerne mal eine Runde spazieren. Wenn die Sache wichtig genug ist, können wir hinterher weiterstreiten. Aber oft, das muss ich zugeben, erscheint mir ein Streit mit etwas frischer Luft und Abstand oft lächerlich. In diesem Sinne also: Fröhliche Weihnachten und fröhliches Streiten. Streiten ist genauso menschlich wie unser Bedürfnis nach Harmonie. Darum sieh es locker und nimm es wie es kommt.
Dein Pfarrer Uwe Hayno Klass Tatjes
Feiertage von Hanns Dieter Hüsch
Mutter ist nervös
Vater ist nervös
Kind ist nervös
Oma ist nervös
Oma ist gekommen
Um Mutter zu helfen
Vater hat gesagt
Sei nicht nötig gewesen
Kind steht im Weg
Mutter steht im Weg
Oma steht im Weg
Vater steht im Weg
Alle ham geschafft
Mit allerletzter Kraft
Uwe
Vater hat gebadet
Mutter hat gebadet
Kind hat gebadet
Oma hat gebadet
Alle ham gepackt
Und alle sind gerannt
Und schließlich hat
Der Baum gebrannt
Mutter ist gerührt
Vater ist gerührt
Kind ist gerührt
Oma ist gerührt
Und dann werden
Die Pakete aufgeschnürt
Mutter ist gekränkt
Vater ist gekränkt
Kind ist gekränkt
Oma ist gekränkt
Denn jeder hat dem Anderen
Was Falsches geschenkt
Schwiegertochter kommt
Patentante kommt
Lieblingsbruder kommt
Großneffe kommt
Kuchen zu süß
Plätzchen zu süß
Marzipan zu süß
Und der Baum ist mies
Mutter ist beleidigt
Vater ist beleidigt
Kind ist beleidigt
Oma ist beleidigt
Frieden auf Erden
Und den Menschen ein Unbehagen
Vater hats am Magen
Mutter hats am Magen
Oma hats am Magen
Kann nichts mehr vertragen
Nach all diesen Tagen
Mutter ist allein
Vater ist allein
Kind ist allein
Oma ist allein
Alle sind allein
Doch Ostern
Wolln alle
In jedem Falle
Wieder zusammen sein.
Als Musik für diesen Tag wähle ich den herrlich ironischen Song von Barbara Schönberger, dass es wohl kaum etwas Schlimmeres gibt, als anderen nur nach dem Mund zu reden und ihnen etwas vorzuspielen