Hinweis: Am Freitag, dem 13. streikte die Technik, weshalb dieser Beitrag erst verspätet veröffentlicht werden konnte
Beauty is only skin-deep
Im Roman “Ungleiche Paare” von Dietmar Bittrich gibt es eine nette Episode. Er kommt in ein Kloster, steigt dort tief ein in die Zen-Exerzitien, beschreibt schön süffisant das ziemlich öde und hohle Meditationsmillieu. Pater Felix rät ihm auf seine Frage zum Umgang mit aufkeimenden sexuellem Verlangen zu einem alten Trick tibetischer, buddhistischer Mönche. Diese, so Pater Felix, rieten, sobald man Verlangen nach einer Frau verspüre, sich diese ohne Haut vorzustellen. Dies bremse in allen Fällen das sexuelle Verlangen unmittelbar. Gunter von Hagen, der olle Präparator hätte ja seine helle Freude. Nun, wie sich zeigen wird, ist der Tipp eben doch nicht so effektiv, wie Pater Felix es lehrt. Beauty is only skin-deep. Sagen die Tibeter. Mir ist diese Aussage im wahrsten Sinne des Wortes zu oberflächlich… Denn wenn ich einen Menschen begehre, dann interessiert er mich viel tiefer als nur bis zu seindermalen Schichten, so ein wunderbares Organ auch die Haut ist… Begehren, lieben heißt doch, einen Menschen “mit Haut und Haaren” zu wollem, sich alles Lebendige und Warme in zu interessieren…. Eine körperliche Begegnung berührt doch tief, nie nur oberflächlich… Schätze der Tibeter-Trick aufgrund unserer menschlichen Natur ziemlich sinnlos… Menschen sind nun mal zu “fleischlich” gesonnen. Dumm gelaufen.
Ausserdem: Schönheit geht viel tiefer. Was mir die Liebe an Schönheit eines Menschen zeigen kann, geht einem durch Mark und Bein. Zeigt mir Dinge, die das ungeübte (und lieblose) Auge nie zu sehen bekäme. Also mit Dietmar Bittrich: “Kein Wunder, dass die Tibeter ein vom Aussterben bedrohtes Volk sind.” Und ich füge hinzu: selber schuld, wenn man so hirnrissige Tipps verbreitet.
Beim Spazieren heute Abend durch den Regen dachte ich noch: Und selbst wenn die blöden Tibeter mit ihrem Tipp Recht hätten. es gibt diese Sehnsucht in uns, ganz tief verstanden, erfasst, wahrgenommen, begehrt, geliebt zu werden. Und unsere Worte, unsere Sprache sind die Sehnsucht, den anderen auch tief zu erreichen.Even if beauty only should be skin-deep, desire to be meant and understood is bone-deep and even deeper (meine Version des alten Tibeters sozusagen…) Dass einer nicht den Blick abwendet, wenn die schöne Hülle fällt. Wir investieren in Schönheitscremes und Operationen, Jugendliche bemühen sich darum, sich auf Facebook und Co. möglichst ineterssant und vorteilhaft zu präsentieren, alles wird gern rausgeputzt, damit die schöne Hülle stimmt. Und unter diesem Aspekt gewinnt die Menschwerdung, das Warten auf den menschgewordenen Gott für mich eine ganz andere, tiefere Bedeutung: Gott geht so weit, dass er die unansehlichen Seiten des Lebens zu spüren und zu sehen bekommt. Zuletzt im Bild des Gekreuzigten, von dem man den Blick abwendet. Er tut es, damit wir einen anderen Blick auf die Welt und die Menschen bekommen. Einen ungeschönten, der tiefer sieht und doch liebevoll bleibt. Der nicht nicht die Lebenslust hemmt, sondern weckt. Der hilft, den anderen auch ohne schöne Hülle anzunehmen und sogar das nicht begehrenswerte zu lieben.
Pfarrer Uwe Tatjes
passend zu den gedanken über nackte tatsachen und röntgenblicke nun die musik für heute, die musikalische erinnerung daran, dass wir letztlich nicht aus unserer haut können: peter gabriels interpretation des david bowie songs „heroes“
https://youtu.be/LsvuipGq2ns?si=35Bo58JyokwmF5tr
ja, manchmal möchten wir helden sein, wenn wir nur aus unserer haut könnten, dann würden die menschen uns lieben und bewundern
aber wäre es nicht noch besser, sie würden das tun, ohne, dass wir „supermann“ oder „superwoman“ sein müssen?
die sehnsucht bleibt….
We can be Heroes
We can be Heroes
We can be Heroes
Just for one day
We can be Heroes
We’re nothing, and nothing will help us
Maybe we’re lying,
then you better not stay
But we could be safer,
just for one day
Oh-oh-oh-ohh, oh-oh-oh-ohh,
just for one day