Nikolausi!
Ausgerechnet am Samichlous wird es heute gemein, doch lest selbst: ☺️
Denkt euch, ich habe das Christkind geseh’n,
ich hab’s überfahren, es war ein Versehn.
Ich hatte gerade die Äuglein zu,
und träumte beim Fahren in himmlischer Ruh‘.
Das Christkind hat in dieser eisigen Nacht,
Bekanntschaft mit meinem Kühler gemacht.
Später sah ich auch noch den Weihnachtsmann,
er feuerte grad seine Rentiere an.
Ich überholte ihn, den lahmen Wicht,
doch sah ich den Gegenverkehr dabei nicht.
Ich wich noch aus, doch leider nicht Santa,
ein kurzes Rumsen, und er klebte am Manta.
Am Ende sah ich auch noch den Nikolaus,
er stürmte grad aus dem Freudenhaus.
Er kam ganz hektisch über die Kreuzung gelaufen,
wollte wohl Präservative am Automaten kaufen.
Mein Auto und mich hat er gar nicht gesehen,
jedenfalls blieben nur seine Stiefel stehen.
So ist die Moral von diesem Gedicht,
fahr zu schnell dein Auto nicht.
Denn als ich zu Hause war, da musste ich heulen,
mein schöner Wagen der hatte drei Beulen,
vom Nikolaus, vom Christkind und vom Santa Claus…
tja, dann fällt dieses Jahr Weihnachten wohl aus!
Oliver Kalkofe
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Natürlich die Texte von Kalkofe sind absolut grenzwertig, herrlich unmöglich und erfrischend provokativ. Also bestens geeignet, um den Zuckergußkitsch der Vorweihnachtszeit ein wenig aufzumeißeln. Ja, wenn das der Bischof Nikolaus gewusst hätte, wie weit er noch mal runterkommt, er hätte sich auch vor den nächsten Flitzer (damals vermutlich ein Streitwagen) geworfen. Denn der wohltätige Bischof von Myra, der gewiss ein Herz für Menschen hatte, stellte sich ja nicht selbst in den Mittelpunkt. Sein karitatives Engagement wurzelte in seinem Glauben, der Erfahrung der Gottesliebe. Das tritt heute immer mehr in den Hintergrund. Gnadenlos ist er verwickelt an die ungebremste Konsumorgie und die verkaufsappetitfördernde Weihnachtszeit. Advent ist im Grunde ein Schreibfehler: natürlich müßte es Event heißen. Kaufen, Tummeln, Glühweinrausch. Da kommt man erst gar nicht ins Grübeln.
Die genauen Unterschiede zwischen Samichlous/Nikolaus und Weihnachtsmann sind ohnehin nicht mehr so genau bekannt. Und seine fragwürdige Rolle als pädagogisches Hilfsmittel, das die guten Kinder belohnt und (vermittels Schmutzli, wie er hier in der Schweiz oder Knecht Ruprecht, wie er in Deutschland heisst) bestraft ist längst passé. Schmutzli/Knecht Ruprecht ist schon lange Geschichte und sogar frömmere Gemüter meinen ja seit Jahren, dass das Ermahnen die Aufgabe der Eltern ist, die nicht an den Nikolaus delegiert werden sollte. Eine per se Angst einflößende Respektsperson, die praktisch alles über das Kind weiß, könnte in diesem Ohnmachtsgefühle auslösen. Vielleicht nicht der schlimmste Verlust, den der Samichlous/Nikolaus hinnehmen musste. Ach, der gute Mann muss bin in sein hohes Alter noch immer lernen… Wer als Nikolaus tätig werden will (oder Weihnachtsmann, wie gesagt, die Unterschiede verschwimmen), muss vorher eine Nikolausschule besuchen. Darauf bestehen die zuständigen Jobagenturen. Unbequeme Fragen kommen in diesen Zeiten dazu. Nicht nur dass Knecht Ruprecht dem Zeitgeist weichen musste, auch in manchem Kindergarten wird der Nikolaus ausgeladen. Was der denn noch wolle? Solch eine christliche Jahresendgestalt sei eben nicht mehr zeitgemäß. Mit Rücksicht auf die multikulturelle Zusammensetzung der Kinder. Und besonders die islamischen. Dass im selben Kinderhort der Ramadan und das Opferfest als islamische Feiertage begangen werden, scheint dagegen keine Anfrage an die religiöse Toleranz darzustellen. Das christliche Abendland wurde schon immer mehr beschworen als mit Leben gefüllt. Doch auch solch zeitgeistiger Ignoranz zum Trotz muß der Samichlous-Nikolausi-Weihnachtsmann nicht um seine Zukunft fürchten. Frei nach dem Motto: „Brauch ohne Glaube“ erfreut sich der rotrockige Zauselbart ungebrochener Beliebtheit. Denn in der schnelllebigen Welt der Globalisierung, wo alles vermarktet wird und nix mehr sicher ist, wo alles im DIN-Kostüm daherkommt und massengeschmackstauglich püriert wird, bis es auch wirklich keine Ecken und Kanten mehr gibt, da ergeben sich für ihn neue Chancen. O.K., ein bißchen abspecken muss er da schon (aber leichte Kost ist ja eh en vogue!), aber in der Bedeutungsvariante „netter alter Mann, der Geschenke bringt“ stehen ihm ganz neue Märkte offen. So konsumfreundlich und geschäftskindlich gestylt kann er auch noch die Inder und Chinesen beglücken. Von den Molukken bis nach Alaska, von Murmansk bis in die Antarktis schallt es dann: „Morgen kommt der Nikolaus!“.
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Was? Er war schon da? Oliver, du enttäuscht mich… Christentum als Zuckguß auf Konsumgetümmel? Nein, danke. Und bitte, Oliver, gib nächstes mal Gas und befrei uns von all diesen Lammettahelden und Leichtgewichten.Es wäre um Gottes Willen kein Verlust!
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Eine Vorstellung, mit der ich als Kind immer konfrontiert wurde, war. Der Samichlous/Nikolaus hat ein Buch, in dem alle guten und schlechten Taten verzeichnet sind… Warum es nun ausgerechnet der Nikolaus sein musste, der darüber Buch führen musste, ist mir bis heute unklar…
Aber wenn er ein Buch hat, dann sicher nur das, das auch Gott über uns führt: ein „Book of love“, womit wir beim heutigen Titel von Peter Gabriel wären
trotz satirischer Töne heute: einen frohen und besinnlichen Samichloustag wünsche ich